Warum Multitasking schadet und was stattdessen glücklich macht
„Ach, das geht schon, ich bin doch multitaskingfähig!“ Hast du das auch schon mal von dir behauptet?
1. WAS HEISST MULTITASKING WIRKLICH
Gerade wir Mütter haben oft das Gefühl, ohne Multitasking geht nichts. Der Alltag wäre gar nicht zu bewältigen, wenn ich nicht beim Kochen auch dem Kind mit den Hausaufgaben helfe, während ich gleichzeitig das Baby vom rechten auf den linken Arm wechsle.
Das gehört irgendwie zum Standardrepertoire einer Mutter oder? Multitasking oder – Mehrfachaufgabenperformanz – bedeutet die Ausführung zweier oder mehrerer Aufgaben zur selben Zeit oder abwechselnd in kurzen Zeitabschnitten. Es ist scheinbar völlig normal, dass NUR Kaffeetrinken nicht drin ist. Da kann man doch gleichzeitig noch die Wäsche aufhängen und die E-Mail beantworten um Zeit zu sparen. Und da hat es auch mich schon direkt erwischt, denn während ich diesen Artikel hier vorbereite, frühstücke ich ….
Der Begriff Multitasking kommt aus dem Computerbereich. Da macht es ja auch Sinn, dass die Rechenleistung eines PC’s wirklich ausgenutzt wird, statt darauf zu warten, dass der Mensch, der davor sitzt mal wieder nicht versteht, welche Taste zu drücken ist. In dieser Wartezeit nämlich macht der Computer ganz viel kompliziertes Zeugs, was ich dir nicht näher erklären kann, ABER es laufen mehrere Dinge gleichzeitig ab. Wenn ein Computer das kann, können wir das doch auch oder? Schließlich wird alles immer schnelllebiger. Und wenn wir uns das Gehirn ansehen, dann stellen wir fest, dass es sehr wohl viele verschiedene Dinge gleichzeitig tun kann.
Es nimmt ja permanent Informationen aus dem Körper auf, checkt die Temperatur, nimmt Sinnesreize auf, steuert die Atmung und prüft den Blutdruck. Doch das alles läuft außerhalb unseres Bewusstseins ab. Problematisch wird es dann, wenn wir etwas vom Gehirn verlangen, was unsere Aufmerksamkeit fordert. Wenn es also darum geht, eine bewusste Entscheidung zu treffen.
Ein Beispiel: du möchtest eine E-Mail mit einem Anhang schreiben. Gleichzeitig erzählt dir dein Kind von einer Begebenheit aus der Schule. Du möchtest deinem Kind zuhören, dazu braucht es Aufmerksamkeit, aber du musst in deinem PC auch den richtigen Anhang aussuchen. Beides GLEICHZEITIG geht nicht. Hast du auch schon mal eine Mail verschickt, dort groß die angehängte Datei erwähnt und dann den Anhang vergessen? Multitasking – ja ja – da war die Aufmerksamkeit schon wieder woanders und Zack! Fehler!
Unser Gehirn hat nur eine Portion Aufmerksamkeit. Die kann es auf EINE Sache richten. Klar, du kannst spazieren gehen und dabei telefonieren, das liegt daran, dass spazieren gehen deine Aufmerksamkeit nicht so fordert wie das telefonieren. Du kannst aber nicht telefonieren und gleichzeitig ein Ticket am Fahrkartenschalter ziehen. Denn beides braucht deine Aufmerksamkeit. Die Fehlerquote beim Multitasking ist zudem ganz schön hoch. Vielleicht verpasst du bei der Berichterstattung deines Kindes dann auch, dass es für den morgigen Erdkundeunterricht bitte noch einen grünen Tonkarton in DIN A2 mitbringen muss. Ups! Also halten wir fest: Multitasking meint das gleichzeitige Abarbeiten zweier oder mehrerer Aufgaben und Neurowissenschaftler bestätigen, dass Multitasking für unser Gehirn eigentlich nicht möglich ist.
2. Wie Multitasking uns schadet
Aber wie soll ich denn all die vielen Dinge tun, die zu erledigen sind? Vielleicht überzeugt dich ein Experiment von Alexander Hartmann. Bei ihm habe ich 2 meiner Hypnoseausbildungen gemacht und er demonstrierte sehr eindrücklich, dass Multitasking eine Illusion ist.
Dazu ließ er folgende Aufgabe erledigen:
Ein Teilnehmer sollte den Satz „Multitasking ist eine Lüge“ auf das Flipchart schreiben. Unter das „M“ sollte er eine 1 schreiben, unter das „u“ eine 2 usw. Also „M“, 1, „u“, 2, usf. Der Teilnehmer brauchte 42 Sekunden und machte 3 Fehler. Als nächstes sollte der Teilnehmer erst den ganzen Satz schreiben und anschließend die Zahlen unterhalb der Buchstaben. Resultat: 26 Sekunden, 1 Fehler.
Fazit: Wir brauchen wesentlich länger und machen mehr Fehler, wenn wir mulititaskingmäßig unterwegs sind. Damit haben wir schon gleich 2 Gründe, weshalb Multitasking uns mehr schadet als nutzt. Denn was uns als vermeintlich „gleichzeitig“ vorkommt, ist in Wahrheit nur ein schneller Wechsel zwischen zwei oder mehreren Aufgaben. Du hörst deinem Kind kurz zu, schreibst an der Mail weiter, hörst wieder dem Kind zu, hast aber den Mittelteil verpasst und am Ende bei der E-Mail den Anhang vergessen. Das ständige neu rein denken führt zu Zeitverlusten und Fehlerzunahme. Das ist Stress pur! Wir müssen die Fehler ja auch wieder korrigieren und dazu fehlt uns die Zeit, z.B. wenn du dann am nächsten Morgen feststellst, dass du gar nichts weißt von einem gründen Tonkarton für Erdkunde! Wie sollen wir denn aber all den Aufgaben als Mutter, als Frau gerecht werden? Und das führt uns direkt zu Punkt 3: was uns stattdessen glücklich macht.
3. Was uns stattdessen glücklich macht
Das Zauberwort heißt „Singletasking“. Keine Sorge, du musst kein Single werden. Wieso Singletasking uns glücklich macht zeige ich dir jetzt!
Grund Nr. 1: Effizienz
Stell dir die Situation vor, deine Kinder sind morgens in der Schule und du hast frei. Wieso ist das so angenehm? Weil du endlich mal eine Sache am Stück erledigen kannst, bei einer Sache bleiben kannst ohne ständig unterbrechen zu müssen. Plötzlich schaffst du auch viel mehr. Singletasking ist also effizient.
Grund Nr. 2: Fokus
Du bist im wahrsten Sinne des Wortes bei der Sache, tust eins nach dem anderen, konzentrierst dich jeweils auf eine Aufgabe und erledigst so fokussiert und konzentriert eins nach dem anderen. Du hörst also erst deinem Kind zu, und bekommst auch was vom Tonkarton mit, und schreibst dann die E-Mail, die du inkl. Anhang verschickst. Oder umgekehrt. Glaubst du mir jetzt, dass du weniger Stress hast?
Grund Nr. 3 Raus aus der Überforderung
Du steigst aus dem Hamsterrad der Überforderung aus. Ständig zu versuchen multitaskingfähig zu sein führt langfristig zur Überforderung und lässt dich ausbrennen. Zu vieles wird begonnen aber nichts richtig beendet und falls doch hat man kein wirkliches Erfolgserlebnis weil man ja vermeintlich gleichzeitig noch die andere Sache erledigen muss.
Grund Nr. 4: Bessere Beziehungen
Singletasking verbessert unsere Beziehungen. Was glaubst du, wie dein Kind sich fühlt wenn du nur mit halbem Ohr zuhörst, weil du gleichzeitig die E-Mail schreibst? Oder wenn du ins Handy schaust, während du mit deinen Arbeitskollegen beim Mittagessen sitzt.
Stell dir stattdessen vor du schenkst deinem Kind deine volle Aufmerksamkeit während es von seinem Schultag erzählt. Du schaust es an, bist präsent. Dein Kind fühlt sich wertgeschätzt und gesehen. Und by the way wird der Bericht deines Kindes etwas kürzer ausfallen, weil es bekommen hat, was es brauchte: dein Ohr und deine Präsenz. So hast du es ganz nebenbei ermutigt und sein Zugehörigkeitsgefühl gestärkt.
Grund Nr. 5: Mehr Erfolge – mehr Glück
Singletasking macht uns glücklicher, weil wir viel bewusster leben. Wie viel geht uns im Alltag verloren, weil wir nicht bewusst sind, was spüren wir alles nicht, weil wir nicht bewusst sind, was vergessen wir alles, weil wir nicht bewusst handelten, wie viel Freude geht uns verloren, weil wir nicht in die lachenden Kinderaugen schauen, sondern auf den Bildschirm, wie viel Zeit geht uns verloren, weil wir vieles anfangen und vieles nicht zu Ende bringen? Ich kenne das von mir selbst. Da fange ich an die Spülmaschine auszuräumen, unterbreche kurz um ins Bad zu gehen, sehe auf dem Weg wieder was, was soooooo dringend zu erledigen ist, fange damit an und stelle dann später fest, dass die Spülmaschine nur halb ausgeräumt ist. Oder mir brennt das Essen an, weil ich gleichzeitig meiner Tochter bei den Hausaufgaben helfe. Singletasking macht uns glücklicher, weil wir mehr Erfolge haben, wenn wir eins nach dem anderen zu Ende bringen UND weil wir es bewusster erleben. Wir richten die Aufmerksamkeit vollkommen auf eine Sache, schließen sie ab, genießen das Erfolgserlebnis und wenden uns dann der nächsten Aufgabe zu.
Grund Nr. 6: Klarheit
Singletasking macht uns klarer. Jemand, der alles gleichzeitig macht wirkt schnell chaotisch und fahrig. Wenn wir immer nur mit einer Sache beschäftigt sind, entsteht Klarheit, in unserem Kopf, für unsere Mitmenschen und v.a. für unsere Kinder. Wenn das Kind weiß, Mama macht jetzt erst diese E-Mail fertig, danach bekomme ich die volle Aufmerksamkeit, dann lernt das Kind diese Klarheit, es lernt sich kurz zurückzunehmen und nicht jedem Impuls nachzugeben. Singletasking macht also auch unser Kind glücklicher. Wenn das mal nix ist oder? Und ich hör jetzt schon das ABER…
ABER ich hab mehr als nur 1 Kind, alle wollen Aufmerksamkeit…ABER wenn doch so viel zu tun ist…ABER …Nimm den Druck raus. Verfalle jetzt nicht in den Singletasking-Perfektionismus, damit hast du nichts gewonnen. Welche EINE SACHE nimmst du dir also jetzt vor?